Thema des Monats: Widerstand gegen den NSDStB – die ASTAG in Bonn, 1930 bis 1933
An der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn gründete sich nach Jahren ohne Studentenvertretung im Februar 1930 die ASTAG, eine Interessengemeinschaft, die von freiwilligen Beiträgen der Studenten und damit de facto von den Korporationen finanziert wurde. Der Bonner NSDStB, 1928 gegründet, litt dagegenanfangs unter deutlicher Mitgliederschwäche. Denn die ASTAG setzte dem aufkommenden Nationalsozialismus ihren Widerstand entgegen, solange das ging.
Selten wird eine Bachelorarbeit in Buchform veröffentlicht – hier war’s der Fall. Die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität bewertete diese Studie zum Widerstand aus studentischen Kreisen gegen das Aufkommen des Nationalsozialismus im akademischen Bonn mit „sehr gut“. Finanziert wurde die Veröffentlichung durch die dem VDSt nahestehende Ferdinand-Friedensburg-Stiftung, denn 2023 erhielt die Arbeit deren eigens dafür vorgesehenen Förderpreis.
Gabriel Peter Weiß ist Aktiver des VDSt Bonn. Seine Arbeit beschäftigt sich mit dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB), der Organisation der männlichen Studenten in der NSDAP in Bonn von 1928 bis 1933. Vor allem geht es den Versuch des NSTStB, in Bonn die Mehrheit in der studentischen Vertretung zu erringen, ganz so, wie das an vielen anderen Universitäten geglückt war. Insgesamt gelingt Gabriel Weiß eine gute Darstellung der zu wenig bekannten Geschichte der Bonner Studentenvertretung dieser Zeit, die sich deutlich von anderen Hochschulorten unterscheidet. Mehr dazu auf dem Webportal des AKSt.
Über den Brücklmeierverein
Der Brücklmeierverein hat sich zum Ziel gesetzt, ein ganz wesentliches Element der studentischen Gesellung in Korporationen, die Distinktion nämlich, im Hinblick auf die Abwehr totalitärer Tendenzen in Staat und Gesellschaft zu untersuchen. Direkt führt dieser Ansatz vom Widerstand gegen staatliche Willkür über die Offenlegung totalitärer Tendenzen und Strukturen in der Gesellschaft zur Erklärung des Wesenskerns studentischer Gesellung. Die Verbindung unter Gleichen unter demokratischen Gesetzmäßigkeiten in Freiheit und Brüderlichkeit wird dadurch exemplarisch faßbar. Im Mittelpunkt des Interesses stehen Untersuchung und Dokumentation der Abwehr staatlicher Bevormundung ab dem späten 18. Jahrhundert sowie Protest und Kampf Korporierter gegen alle Formen sozialistischer und kommunistischer Diktatur von Hitler bis Honecker.
Unsere erfolgreiche Veröffentlichung, bereits in 2. Auflage
Sebastian Sigler (Hg.), Corpsstudenten im Widerstand gegen Hitler, Berlin 2914, bereits in der zweiten Auflage 2015, geb., 511 Seiten, SU, vier Lesefäden, 39,90 Euro, ISBN 978-3-428-14319-3
Der Widerstand im Dritten Reich, am 20. Juli 1944 schlagartig sichtbar, ist ab spätestens 1937 als dynamisches Netzwerk von Menschen faßbar. Darin gab es eine Vielzahl von Verknüpfungen: Verwandtschaft, Internate, kirchliches Engagement – oder auch ein Corps. Sieben Jahrzehnte nach dem Sturz Hitlers ist die Frage, wie der Widerstand gegen den Nationalsozialismus strukturiert war, aktueller denn je. Noch in der Nachkriegszeit, teils bis in die 1960er Jahre, wurden Widerstandskämpfer vielerorts als Verräter angesehen. Heute sind Rolle und Bedeutung derjenigen, die gegen Hitler aufstanden, unstrittig.
Peter Graf Yorck v. Wartenburg, Adam v. Trott zu Solz, Ulrich v. Hassell – der Widerstand im Dritten Reich wurde am 20. Juli 1944 schlagartig offenbar. Die Menschen hinter diesem Widerstand kamen in ihrer Mehrzahl aus fest umrissenen sozialen Gruppen; die drei Genannten gehörten dazu. Im Gesamtnetzwerk des Widerstands geb es eine Vielzahl von gesellschaftlichen Mehrfachbindungen in mannigfaltige soziale Netzwerke: Die Akteure waren miteinander verwandt, kannten sich aus Internaten oder trafen sich später in kirchlichen Kreisen wieder – und diese Verknüpfungen waren zahlreicher als bisher bekannt. Durch viele direkte und indirekte Kontaktflächen nahmen hier die korporierten Studenten, insbesondere die über 40 Corpsstudenten, eine erkennbare Rolle ein.
Die Mehrzahl derer, die in dem Band „Corpsstudenten im Widerstand gegen Hitler“ mit einem Lebensbild gewürdigt werden, konnte über verschiedene Anknüpfungspunkte im Netzwerk des Widerstandes erreicht werden und selber agieren. Im Netzwerk des Widerstands waren sicher die gemeinsame Internatszeit oder die Mitgliedschaft im Johanniterorden sicher von großer Bedeutung. Doch auch die zu Studienzeiten erworbene lebensgeschichtliche Klammer durch die ihnen allen gemeinsame Mitgliedschaft in einem akademischen, einem „Kösener“ Corps konnte in individuellen Einzelfällen Wirksamkeit entfalten – gegen eine übergroße Mehrheit, auch unter den Corpsstudenten, die dem Nationalsozialismus nichts entgegensetzte oder ihn begrüßte. Und dementsprechend ist auch eine große Zahl von Tätern aus den Reihen der Korporierten – auch solche, die zu Studienzeiten einem Corps beigetreten waren – bekannt. Auf der anderen Seite aber ist es, und darum geht es hier, nunmehr eine gesicherte Tatsache, daß sich im näheren oder weiteren Umfeld Stauffenbergs und in weiteren Kreisen des Widerstands gegen Hitler einige Corpsstudenten und Angehörige anderer Dachverbände befanden; ihnen ist „Corpsstudenten im Widerstand gegen Hitler“ gewidmet.
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